Es war einmal, in einem Königreich nicht weit entfernt, wo die Unternehmen in endlosen Papierstapeln und starren Hierarchien gefangen waren. Eines Tages kam ein Zauberer, der von der wundersamen «digitalen Kultur» erzählte – ein magisches Allheilmittel, das durch agile Prinzipien, flache Hierarchien und endlose Innovationen zu einem wahren Wunder der modernen Geschäftswelt zu führen und alle Geschäftssorgen vertreiben sollte. Aber wenn man genauer hinsieht und die digitale Kultur durch die Linse der Luhmannschen Systemtheorie betrachtet, verwandelt sich der vermeintliche Zauber in eine Illusion.
Der vermeintliche Zauber der digitalen Kultur
Was steckt eigentlich genau hinter dem Begriff «digitale Kultur»? Ist es ein Zaubertrank für den Erfolg? Ein Geheimrezept, das in einem geheimen Buch versteckt ist? Was möchte man damit erreichen und kann Kultur wirklich «digital» sein? Hinter dem Begriff verstecken sich hauptsächlich agile Prinzipien. Etwa das Aufbrechen von Hierarchien oder die Implementation agiler Prozesse. Auch kollaborative Arbeits- und Kommunikationsformen fallen seit der Pandemie regelmässig in diesem Zusammenhang. Es ist das Wunschbild eines modernen Unternehmens, welches allen Widrigkeiten der Märkte trotzt. So wird es zumindest in allen Schulungen, Weiterbildungen und Kursen gepriesen. Kultur kann all das sein, ohne sie explizit digital zu nennen. Der wahre Knackpunkt? Es wird oft suggeriert, dass Digitalisierung die Kultur direkt verändern kann. Warum das ein Trugschluss ist? Schauen wir uns das mal genauer an.
Systemtheorie: Die Brettspielanalogie
Eine beliebte Analogie, um Aspekte der Systemtheorie zu vermitteln ist das Brettspiel. Dabei kann das Unternehmen als Spiel betrachtet werden. Um das Spiel zu spielen, braucht es zum einen Regeln. In einem Unternehmen sind das die Prozesse und Strukturen. Zum anderen benötigt es Spieler, in diesem Fall die Mitarbeitenden. Und obwohl die Mitarbeitenden das Spiel spielen, bestimmen Sie nicht selbst wie das Spiel gespielt wird, sondern die Regeln geben es vor. Die Mitarbeitenden sind die Spieler, die ihre Züge im Rahmen dieser Regeln machen. Sie sind ein wichtiger Teil des Spiels, aber sie haben die Regeln nicht selbst aufgestellt. Natürlich können sie innerhalb dieser Regeln improvisieren, aber wenn man das Verhalten der Spieler grundlegend ändern möchte, muss man das ganze Spiel – also das System – ändern.
Die Voraussetzung der Entscheidungen: Was wir ändern können und was nicht
Die Systemtheorie unterscheidet zwischen entscheidbaren und nicht entscheidbaren Prämissen (das, was einem bestimmten Projekt, Plan o. Ä., einem bestimmten Vorhaben o. Ä. gedanklich zugrunde liegt; Voraussetzung). Entscheidbare Prämissen sind Aspekte, die ein Unternehmen direkt beeinflussen kann – wie die Arbeitszeitregelungen oder die Einführung von Homeoffice. Diese Änderungen sind spürbar und oft schnell umsetzbar, besonders wenn sie von jemandem mit formaler Macht, wie einem CEO, durchgesetzt werden. Die sogenannte «nicht entscheidbare Prämissen» hingegen entziehen sich unserer direkten Kontrolle. Sie sind die eigentliche Kultur des Unternehmens – ein kompliziertes Netz aus Beziehungen, Werten und ungeschriebenen Regeln, das sich nicht bewusst ändern lässt. Diese Kultur spürt man, aber sie ist nicht direkt steuerbar. Sie ist das Ergebnis von Geschichte, von gemeinsamen Erlebnissen und von der Art und Weise, wie Menschen miteinander umgehen.
Kultur: Nicht der Anfang, sondern das Ende der Kette
Die Vorstellung, dass Kultur der Ausgangspunkt für den Erfolg eines Unternehmens ist, wird mit diesem Wissen nun in Frage gestellt. Kultur ist vielmehr die Konsequenz aus dem Erfolg; sie entwickelt sich als Antwort auf erfolgreiche Praktiken und Prozesse. Wenn ein Unternehmen floriert, passt sich die Kultur an, um diese erfolgreichen Muster zu reflektieren und zu unterstützen.
Die Realität hinter dem Trend
Die Idee einer digitalen Kultur mag verlockend sein, doch sie könnte uns von der eigentlichen Aufgabe ablenken: das System – unsere Unternehmen – so zu gestalten, dass es die Entwicklung einer Kultur ermöglicht, die Innovation und Agilität nicht nur fördert, sondern lebt. Wir sollten uns darauf konzentrieren Spielregeln zu gestalten, die es den Mitarbeitenden ermöglichen, das Beste aus sich herauszuholen. Denn letztlich ist es nicht die Kultur, die wir direkt ändern können, sondern die Strukturen und Prozesse, die diese Kultur hervorbringen.
Für die Praxis heisst das: Schauen Sie genau hin, was in Ihrem Unternehmen passiert, und setzen Sie kontinuierlich die richtigen, beeinflussbaren Impulse, die zum Erfolg führen. Sind Sie bereit, Ihre Spielregeln neu zu gestalten und Ihre Organisation zum Erfolg zu führen? Wir begleiten Sie auf diesem spannenden Weg und unterstützen Sie gerne bei jedem Schritt! Kontaktieren Sie uns!